„Trip(p)el zum Thema”
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Kurzbeschreibung:
Das Tool eignet sich für die lösungsorientierte Ermittlung sinnvoller Themen für die Supervision im Gruppen- oder Team-Setting, speziell wenn es den Supervisanden in der Einstiegsphase schwerfällt, Anliegen und Themen zu formulieren.
In strukturierter Form werden kurze Diskurse über Gelungenes/Gelingendes organisiert, dann zu Grunde liegende Beiträge, Fähigkeiten und Talente der Supervisanden und anderer relevanter Beteiligter benannt, schließlich Transfer- und Anwendungsmöglichkeiten dieser Ressourcen für anstehende Arbeits-Vorgänge erkundet. Anschlussfähige Themenkreise für die weitere supervisorische Bearbeitung ergeben sich häufig auf natürliche Weise während oder nach der Anwendung des Tools.
Anwendungsbereiche:
Kennen Sie das? Die Supervisionsgruppe oder das Team tut sich ausgesprochen schwer, ein Thema für die Sitzung zu bestimmen, der Auftakt wirkt „zäh“, niemand „hat was“, man hält sich zurück, während Sie sich intensiv bemühen, sinnvolle supervisorische Fragestellungen einzukreisen, kurz: Sie haben das Gefühl, den Supervisanden „die Würmer aus der Nase ziehen“ zu müssen…hier könnte „Trip(p)el zum Thema“ nützlich sein.
Das Tool eignet sich für Supervisionen in Gruppen oder Teams mit bis zu 7 Teilnehmern.
Zielsetzung/Effekte:
„Bricht das Eis“ in der Einstiegsphase, bringt ins Gespräch, organisiert Beteiligung und Feedback für Einzelne, fördert Motivation, Kooperation und Dialog, erleichtert eine ressourcen- und prozessorientierte Themenfindung ad hoc.
Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und Diskurs der Supervisand*innen werden über die Besprechung kleiner Erfolge vom Problemfokus (der leider für Viele bei der Supervision vermeintlich im Vordergrund steht…) auf wünschenswerte Prozesse, Möglichkeiten und Anliegen in der Zukunft gelenkt, die dann supervisorisch bearbeitet werden können.
Ausführliche Beschreibung:
Die klassische „Triple-Übung“ oder „dreifach anerkennende Antwort“ nach Ahola und Furman folgt der Trias
– Erkundung von Gelingendem/ Gelungenem
– Würdigung der Leistungen und Anforderungen
– Bitte um Erläuterung: wie wurde das geschafft?
Das vorliegende Tool überträgt dieses Schema in den supervisorischen Kontext und fügt zwei weitere Schritte hinzu:
– Den Ressourcenkorb füllen
– Transfer auf anstehende Arbeitsprozesse
Die Schritte im Einzelnen:
Nach einer kurzen Eingangsphase des Begrüßens und „Koppelns“ wird nach folgendem Ablauf-Schema vorgegangen:
1.) Eingangsfrage:
„Ich schlage vor, wir beginnen heute mal mit einer kurzen, etwas anderen Runde. Bitte erzählen Sie uns etwas über die Arbeit in der jüngeren Vergangenheit, wo etwas ein kleines bisschen gut lief, womit Sie ein wenig zufrieden waren oder was Sie ein wenig positiv überrascht hat.“
Je nach Höhe der anfänglichen „Hemmschwelle“ empfiehlt es sich, die nächst sitzende Person direkt ansprechen: „Würden Sie beginnen?“ Der anschließende Diskurs sollte durch konkretisierendes Nachfragen und deutliche non-verbale Bestätigung („cheer-leading“, vgl. Schritt 3) ausgebaut und befördert werden.
2.) Anerkennung der Leistung und Anforderung; aktive Würdigung durch den Supervisor:
„Sehr schön und vermutlich gar nicht so leicht! Vielen Dank für Ihren Beitrag. Es muss in der Supervision ja nicht immer um Schwierigkeiten gehen, im Gegenteil, auch und gerade von dem, was positiv läuft, können Alle profitieren“
3.) Anschlussfragen nach fremden und eigenen Anteilen am Gelungenen:
– „Was hat zu diesem positiven Verlauf beigetragen?“
Diese Frage fokussiert zunächst allgemein auf Ressourcen sowohl beim Supervisanden als auch bei relevanten Beteiligten (vgl. „bedeutsame Andere“ bei DeShazer), etwa Klienten, Teamkollegen, Vorgesetzte, oder bei anderen an den Arbeitsabläufen beteiligten Stellen („andere Andere“: die Rechtsabteilung hat den Vorgang geprüft; das Jugendamt hat bewilligt, etc.). Häufig zeigen sich bereits hier Anknüpfungspunkte zu weiterführenden Fragen, Themen, oder möglichen Anliegen, die nach Abschluss der Runde aufgegriffen werden können. Bei Teams bieten sich hier insbesondere Ressourcen in der Zusammenarbeit und deren Ausbau an. (siehe Schritt 5)
– „Was war Ihr Beitrag?“ oder „Wie haben Sie das denn geschafft?“
Die Beiträge der Supervisanden selbst werden nun gezielter in den Blick gerückt. Speziell in Teams und Gruppen aus psychosozialen Arbeitsfeldern fällt es manchmal schwer, eigene Anteile an Erfolgen zu benennen. Gern wird auf äußere Anlässe, glückliche Umstände oder Zufall verwiesen… Unterstützung durch den Supervisor ist gefragt, der eigene Leistungen bei der Bewältigung von Hürden, Anforderungen oder Schwierigkeiten im Diskurs der Supervisanden aufspüren und kennzeichnen sollte. Es bietet sich daher an, auch kleine Positiva mit Bezug zum Supervisanden in der Erzählung sowohl non-verbal als auch durch kurze Einwürfe hervorzuheben („cheer-leading“: im Stuhl nach vorne gehen; bestätigendes Nicken; „sehr schön“; „genau!“; usw.).
Ausgesprochen hilfreich ist hierbei eine Haltung auf Seiten des Supervisors, die die eigene „innere Latte“ eher niedrig legt. Z. B. kann man sich sagen: „Andere hätten bei ähnlichen Vorgängen u. U. einfach nichts getan, nicht die Idee gehabt, nach „Schema F“ gehandelt, usw…“
Diese innere Fokussierung hilft, um auch kleine Ressourcen-Ansätze wahrzunehmen und entsprechend zu markieren. Der zentrale Punkt dabei ist, die Leistung der Supervisand*innen „authentisch würdigen“ zu können.
Interessant und nützlich kann an dieser Stelle auch ein Vorgehen mit hypothetischen Fragen sein: „Mal angenommen, dieser positive Vorgang hätte etwas mit Ihnen zu tun…was könnte das denn sein?“ Die anderen anwesenden Supervisand*innen werden an dieser Stelle dann unterstützend einbezogen: „Was könnte denn dieser positive Verlauf (noch) mit Herrn/Frau X zu tun haben?“
Es lohnt sich, die heraus gearbeiteten Elemente nochmal kurz zusammenzufassen und für Schritte 5 und 6 im Gedächtnis zu behalten,
um sie dort ggf. wieder in den Diskurs „einspeisen“ zu können.
4.) Den Ressourcenkorb füllen
Hier geht es darum, die Beiträge zum positiven Vorgang, insbesondere die der Supervisanden, in nützliche Fähigkeiten, Fertigkeiten oder Talente zu übersetzen, die würdigend rückgemeldet werden:
„Ich sehe schon: hierzu braucht es einiges an Durchhaltevermögen und Mut! Offensichtlich verfügen Sie über Beides!…“ (alternativ: Kreativität, Feingefühl, Überblick, Zuversicht, Kommunikationstalent, Fleiß, Entscheidungsfreude, Spontaneität, usw.)
Dieses „Festzurren“ von Ressourcen kann sich auf Fähigkeiten des Supervisanden, des Teams oder der Organisation beziehen. Zentral ist, dass sie benannt und ins Gespräch gebracht werden, zunächst vom Supervisor. Im Fortgang der Runde kann sich der Supervisor dann allmählich mehr zurücknehmen und beginnen, eher die anderen Supervisanden dazu zu befragen: „Was muss man dafür können oder haben?“; „Welche Talente braucht es, um so etwas hin zu bekommen?“
Im Sinne eines lösungsorientierten „solution-talk“ ist hiervon eine stärkende, ermutigende und motivierende Wirkung zu erwarten, die Beteiligungshürden weiter senkt und den Weg für den nächsten, handlungsorientierten Schritt ebnet.
5.) Transfer auf anstehende Arbeitsprozesse:
„Bei welchen Arbeitsvorgängen, aktuell oder in der nächsten Zeit, könnten diese Fähigkeiten hilfreich sein?“ „Wozu?“ „Was noch wäre hilfreich?“
Spätestens hier – aber auch im gesamten Ablauf des Bearbeitungs-Schemas – zeigen sich potenzielle Supervisionsthemen oder Anliegen.
Der Supervisor sollte mögliche Anliegen, Themen oder anstehende Fragen während der Schilderungen erkennen, ggf. notieren, um sie eventuell später vorschlagen zu können, falls eigene Benennungen weiterhin schwerfallen sollten. Erfahrungsgemäß steigt aber die Bereitschaft zu Mitteilung und Austausch bei den Supervisanden im Verlauf des Tools ganz erheblich. Oft kann die im Anschluss an das Tool gestellte „klassische“ Frage nach sinnvollen Supervisionsthemen („Was möchten Sie heute bearbeiten?“, „Was soll in die Mitte?“, „Was sollten unsere Themen sein?“, usw.) leichter und erstaunlich zieldienlich beantwortet werden.
Das Zeitmanagement scheint mir beim Einsatz des „Trip(p)el zum Thema“ zentral:
Tatsächlich nähert man sich ja den anstehenden Bearbeitungswünschen (oder: der Bearbeitungsbereitschaft) buchstäblich in Trippel-Schritten. Es dürfte zielführender sein, die Schritte des Tools für jeden Teilnehmer zügig zu durchlaufen als bei jeder Einzel-Erzählung in die Tiefe zu gehen.
Die gesamte Bearbeitungszeit pro Supervisand*in sollte deutlich unter 10 Minuten bleiben – je nach dem, was Sie für die gegebene Gruppe oder Team für zumutbar oder „“bekömmlich“ halten. Weniger ist mehr, der Nutzen ergibt sich aus dem Gesamtkonzept.
Ein alternatives Vorgehen besteht daher evtl. auch darin, das Tool in mehreren Durchgängen abzuarbeiten:
– eine Runde mit Schritten 1 und 2
– eine Runde mit Schritten 3 und 4
– eine Runde mit Schritt 5
– dann die Frage nach gewünschten Themen für die heutige Sitzung anschließen bzw. gesammelte mögliche Themen vorschlagen.
Voraussetzungen/Kenntnisse:
Die Struktur des Tools ist einfach und kann systematisch „abgearbeitet“ werden. Hilfreich sind eine ressourcenorientierte Grundhaltung, guter Kontakt zu jedem einzelnen Teilnehmer (um Redezeiten sanft einzugrenzen) und die Nutzung non-verbaler Bestärkung und Bestätigung.
Kommentar/Erfahrungen:
Das Tool macht Spaß und gibt Orientierung in „zähen“ Anfangssituationen. Erfahrungsgemäß zeigen sich bereits im Verlauf des Prozesses thematische „Einstiege“ zu supervisorischen Themen. Anliegen werden klarer bewusst oder es entstehen sinnvolle Anschluss-Gespräche, z. B. über die anstehenden Arbeitsprozesse und diesbezügliche Optimierungswünsche und – möglichkeiten. In manchen Teams werden bislang eher unterschwellige Unzufriedenheiten und Wünsche an einander leichter verhandelbar. Zurückhaltenden SupervisandInnen fällt es durch den Einsatz von „Trip(p)el zum Thema“ häufig leichter, sich mit Fragen und Anliegen zu formulieren.
Quellen:
Das Vorgehen basiert auf der sog. „Triple-Übung“ von Tapani Ahola und Ben Furman, die sich ihrerseits auf Insoo Kim Berg berufen, beschrieben z.B. in:
Röhrig, Peter (Hrsg., 2008). Solution Tools – Die 60 besten, sofort einsetzbaren Workshop-Interventionen mit dem Solution Focus. Bonn: ManagerSeminare Verlags GmbH, S. 101 – 105