MATERIALIEN
Struktur des Working on what works-Klassentrainings
nach “Einfach Klasse: WOWW-Coaching in der Schule” von Insoo Kim Berg und Lee Shilts (Borgmann Media, 2009)
1. Phase „Begleitende Beobachtungen mit der positiven Brille“ (2-3 Wochen)
Unterrichtsbegleitungen finden wöchentlich in einer Unterrichtsstunde statt. Im wertschätzenden Grundton gilt es nun bei den ersten Begleitungen, in welchen der Coach die Klasse während verschiedener Unterrichtseinheiten beobachtet, der Klasse und den Lehrer*innen am Ende der Einheit positive Rückmeldungen zu geben.
-> Fokuslenkung hinsichtlich der positiven Ausnahmen innerhalb des Klassengeschehens und Rückmeldung an die Klasse.
2. Phase „Konstruktion der guten Klasse: woran werden wir sie (und also uns) erkennen?“
Dazu wird mit der Klasse darüber diskutiert, was eine gute Klasse ausmacht. Jede Schüler*in sollte dazu Vorstellungen entwickeln und diese dem Rest der Klasse kundtun. Dabei liegt es am Coach dafür zu sorgen, mit der ganzen Klasse einen Konsens zu entwickeln, der für alle Schüler*innen wichtig und nachvollziehbar ist.
Die dabei entstandene Liste mit Zielen, welche zu einer guten Klasse hinführen müssen unbedingt erreichbar und für alle nachvollziehbar sein.
3. Phase „Skalierungen: Rückblicke und neue Vereinbarungen“ (3-8 Wochen)
Mit Hilfe einer auf Flip – Chart visualisierten Skala von 0 bis 10, wobei 10 für „die Klasse steht, die ihre Ziele erreicht hat“, kann jede einzelne Schüler*in bei den wöchentlichen Treffen markieren, inwieweit die ganze Klasse ihre Ziele erreicht hat.
Zielsetzungen bleiben im Prozess und sind in den seltensten Fällen starr. Dies führt dazu, dass es im Laufe des WOWW – Coaching zu Veränderungen kommen kann. Einige Ziele können von der Liste gestrichen werden, da sie keine Relevanz mehr haben. Dafür können andere Ziele hinzu kommen, die erst im Laufe des Prozesses Relevanz entwickelt haben.
Systemische Supervision in 5 Minuten erklärt
Kurze Übersicht des gängigen Vorgehens in der systemischen Supervision anhand des Bildes vom “Systemhaus”, angelehnt an H. Fallner
„Gemeinsame Wunder”
Kurzbeschreibung:
Das Tool setzt die sogenannte „Wunderfrage“ des klassisch lösungsfokussierten Ansatzes in das Setting der Teamsupervision um.
Es ermöglicht die gemeinsame Entwicklung positiver Ziel- und Zukunftsvorstellungen bei bestehenden Anforderungen oder Schwierigkeiten des Teams und führt zur Erarbeitung sinnvoller erster Handlungsentwürfe.
Dabei wird eine strukturierte weiterführende Bearbeitungsmöglichkeit angeboten, nachdem die eigentliche „Wunderfrage“ gestellt wurde.
Die Wunderfrage selbst wird detailliert vorgestellt und einige ihrer wesentlichen Elemente kurz diskutiert.
Anwendungsbereiche:
Supervision in Teams beliebiger Größe bei Beschwerden über Zwänge, Stress, Trübsal, Anforderungen und Belastungen.
Ab einer Teamgröße von ca.12 Personen können Teilschritte der Bearbeitung in Kleingruppen delegiert und die Ergebnisse im Plenum zusammengetragen werden.
Das Tool gestaltet einen Übergang von Problembeschreibungen zur Erarbeitung möglicher Lösungsansätze oder Vorgehensweisen. Vor allem bei einer Tendenz zum Verharren in Problemschilderungen und Klagen über widrige Umstände eignen sich „gemeinsame Wunder“, um einen alternativen Diskurs in Gang zu bringen, Zielvorstellungen zu entwickeln und Motivation für das Ausprobieren neuer Verhaltensweisen aufzubauen.
Das Tool eignet sich weniger gut bei Konflikten oder Schwierigkeiten innerhalb des Teams.
Zielsetzung/Effekte:
Das Tool birgt gute Chancen, Teams ins Handeln zu bringen, die sich zuvor eher passiv oder (an)klagend gegenüber Schwierigkeiten verhalten haben. Es bietet u. A. eine günstige Vorlage, um nachfolgende Supervisionssitzungen mit einer Erkundung von Gelingendem oder Gelungenem zu beginnen („Wie haben Sie das geschafft?“) und damit weiter Ressourcenaufbau in den Teams zu betreiben.
Ausführliche Beschreibung:
Das Tool kommt zum Einsatz, wenn sich in der Einstiegs- oder Themenfindungsphase Belastungen, Anforderungen oder Schwierigkeiten zeigen, die das Team insgesamt oder zumindest viele seiner Mitglieder betreffen.
1.) Problembeschreibung: eine Vorbereitung der Wunderfrage
Voraussetzung für den supervisorischen Gewinn aus der Wunderfrage ist ein zuvor erfolgter Diskurs über das Schwierige, allerdings nicht im Sinne einer Fakten- und Ursachen-Analyse, sondern eher im Sinne des empathischen Verstehens. Der später anschließende Schritt zu positiven Zukunftsvorstellungen gelingt wesentlich leichter, wenn zunächst eine ausreichende Würdigung der mit den Schwierigkeiten verbundenen Sorgen, Belastungen und Empfindungen erfolgt ist.
Die Einleitungsfrage für die Problembeschreibung betont daher das Erleben und richtet sich allgemein an das Team, z.B.:
„Bitte erzählen Sie etwas darüber, worum es (bei dieser Sache) geht, was Sie da beschäftigt oder wie das für Sie ist“.
Die Problemschilderungen werden deutlich gewürdigt, („…verstehe…nicht einfach!…ganz schön anstrengend“, usw.), aber nicht ausführlicher kommentiert oder untersucht. Das Verständnis des Supervisors ist hier wesentlicher als sein Verstehen.
Abhängig von Zeitbudget und Teamgröße kommen möglichst viele Supervisanden in dieser Weise zügig zu Wort.
Die Problembeschreibung wird dem Zweck angemessen („Verständnis“) begrenzt: soviel (problem-talk) wie nötig, so wenig wie möglich.
Sobald der Supervisor den Eindruck hat, dass sich das Team insgesamt ausreichend verstanden fühlt, folgt der nächste Bearbeitungsschritt.
2.) Das Wunder
Für die „Wunderfrage“ empfiehlt sich ein eher langsamer Sprachduktus und ein etwas eindringlicher, sozusagen „hypnotischer“ Ton bei der Formulierung, für die ich z.B. vorschlage:
„Ich möchte Ihnen allen gerne eine etwas seltsame Frage stellen, die nicht ganz einfach ist und einiges an Vorstellungskraft erfordert. Nehmen wir einmal an, wir haben hier heute eine nützliche Supervisionssitzung. Später gehen Sie zurück an Ihre Arbeit oder nach Hause oder wohin-auch-immer und tun, was Sie sonst auch tun, so ganz normal.Irgendwann heute Abend gehen Sie dann ins Bett und Sie schlafen. (kurze Sprechpause)
Und während Sie schlafen geschieht ein Wunder, und die Schwierigkeiten über die wir soeben gesprochen haben sind weg – einfach so! (Sprechpause)
Morgen früh wachen Sie auf. Natürlich wissen Sie da noch nicht, dass das Wunder geschehen ist, weil Sie ja geschlafen haben. Was fällt Ihnen wohl als Erstes am Verhalten des Teams auf, das Sie stutzig macht und Sie auf die Idee bringt: was ist bloß los mit uns, ist da etwa ein Wunder geschehen?“
Diese eher lange Frage folgt einem allmählichen Aufbau von mehreren wesentlichen Elementen, die ich mit Hinblick auf den supervisorischen Ertrag gerne etwas detaillierter aufgreifen möchte:
– „seltsam…, nicht ganz einfach…, erfordert Vorstellungskraft“: diese einleitenden Elemente bauen ein wenig Spannung auf, bereiten auf die kommende Vorstellungsarbeit vor und erhöhen die Akzeptanz für den – in der Tat ja seltsamen – eigentlichen Kulminationspunkt der Frage, das Wunder.
– „…und tun, was Sie sonst auch tun“: hier wird ein Kontext von Alltag für das sogenannte Wunder konstruiert, das ja keineswegs göttlicher Natur ist, sondern im Gegenteil aus machbaren, „ganz normalen“ (aber alternativen) Handlungsweisen der Teammitglieder besteht, die es in der Folge zu entdecken gilt.
– „…die Schwierigkeiten über die wir soeben gesprochen haben sind weg“. Hier wird bewusst auf eine thematische Benennung des Problems durch den Supervisor verzichtet, um Spielraum für individuelle Bedeutungszuschreibungen zu bieten: Worin genau das Problem für das jeweilige Teammitglied besteht, wird offen gelassen und durch eine allgemeine „passe-partout“-Formulierung ersetzt.
– das Wunder tritt zunächst unbemerkt ein, während die Supervisanden schlafen. Erst im Nachhinein wird entdeckt, dass sich etwas verändert hat. Um die „Entdeckungsfreude“ der Supervisanden zu steigern lohnt es sich, auf dieses Element begründend hinzuweisen, bevor man zum Kernpunkt der Frage kommt: „… Sie wachen auf…und Sie wissen noch nicht, dass das Wunder geschehen ist, weil Sie ja geschlafen haben…“.
– „was fällt Ihnen am Verhalten des Teams auf“: Dieses Element lenkt den Fokus möglichst eng auf das Verhalten des Teams selbst und nicht auf Veränderungen allgemeiner Art oder im Verhalten von Team-externen Akteuren. Der häufig anzutreffenden Tendenz, die Potenziale für Veränderung vor allem außerhalb des Teams zu suchen (etwa bei Vorgesetzten, den Umständen, den Kooperationspartnern) wird dadurch ausdrücklich vorgebeugt.
3.) Ausweitung des Wunders
Wie in der Problembeschreibung geht es bei der Sammlung von Antworten auf die Wunderfrage eher um lebendige Beteiligung und Vielfalt, als um faktische Details. Die Aufgabe des Supervisors besteht im Wesentlichen darin, den gemeinsamen Prozess der Produktion von Vorstellungen zu unterstützen und auszuweiten. So kann z.B. der einzelne Beitrag zunächst aktiv gewürdigt werden („Aha, sehr schön… genau!… wunderbar…, usw.), um dann mit Blick in die Runde und der Frage „Was noch?“ zum nächsten Beitrag einzuladen. Die unterschiedlichsten, vielleicht auch kontroversen Ideen werden auf diese Weise allparteilich neben einander gestellt.
Der Akzent liegt dabei allerdings immer auf der Handlung. Besonders bei Schilderungen von Zustandsveränderungen („wir wären entspannter“), sollte der Supervisor eine konkretisierende Übersetzung in Verhaltensbeschreibungen anregen: „Wenn sie entspannter sind, was machen Sie dann anders? Woran merkt man das?“.
Nachdem der Fokus eine Weile auf Verhaltensänderungen gehalten wurde, die den Supervisanden selbst nach dem Wunder am Team auffallen, erfolgt ein Wechsel in die zirkuläre Perspektive:
„In der Zeit nach dem Wunder – was fällt wohl Anderen, die heute nicht hier sind, am Verhalten des Teams auf?“
Wer diese Anderen sind, bleibt im Idealfall dem Team selbst überlassen. Manchmal ist es aber hilfreich, an dieser Stelle relevante Beteiligte des Problemgeschehens direkt zu benennen, z.B. weil sie in den Problembeschreibungen als bedeutsam aufgetaucht sind.
Bei größeren Teams über 12 Personen kann dieser Bearbeitungsschritt auch in Kleingruppen delegiert werden, die ihre Ergebnisse anschließend im Plenum vorstellen (Moderationskarten, Flipchart).
4.) Ausnahmen-Erkundung
„Bitte erzählen Sie etwas darüber wie es war, als das Team einmal ein kleines bisschen Richtung Wunder ging…“
Die Frage richtet sich an Alle und ist bewusst eher als Aufforderung (zum Erzählen) und etwas unscharf formuliert, um möglichst „freie“ Suchprozesse und Ideenproduktion zu fördern. Der Supervisor geht dabei einfach davon aus, dass es in der Geschichte des Teams bereits Komponenten des „Verhaltens nach dem Wunder“ oder Elemente der Lösungsvorstellungen gegeben hat. Geschlossene Fragestellungen eignen sich für die Ausnahmen-Erkundung daher weniger (ungünstig z.B.: „Wann ging es mal ein kleines bisschen Richtung Wunder?“ Mögliche Antwort: „Noch nie…“).
Die Nennungen von Ausnahmen werden kurz darauf hin untersucht, wie sie zu Stande gekommen sind, etwa: „Wie haben Sie das geschafft? Wer aus dem Team hat was dazu beigetragen?“
Bei großen Teams kann die Bearbeitung der Frage in den zuvor gebildeten Kleingruppen erfolgen, mit anschließender Präsentation im Plenum.
5.) Fortschritts-Skalierung und individueller Beitrag
„Wenn Sie sich jetzt bitte einmal eine Skala vorstellen, von 0 bis 10. 0 misst dabei die Schwierigkeiten in ihrem allerschlimmsten Zustand, 10 wäre die Zeit nach dem Wunder. Wo auf dieser Skala stehen Siejetzt? Bitte merken oder notieren Sie sich diese Zahl …(kurze Bearbeitungspause)… jetzt lade ich Sie ein, im Gespräch mit Ihrem Nachbarn kurz zu überlegen, welchen spezifischen Beitrag Sie in der nächsten Zeit erbringen könnten – sei er auch noch so klein – damit das Team auf der Skala ein wenig weiter kommt in Richtung Wunder. Nennen Sie bitte einfach alles, was Ihnen einfällt, was Sie dann in der Folge tatsächlich machen, sei zunächst dahingestellt.“
Anschließend gehen die Supervisand*innen für einige Minuten in „Murmelgruppen“ zu zweit oder dritt, um die jeweiligen Ideen auszutauschen. Im Plenum wird darüber bewusst nicht weiter gesprochen, um maximale Handlungsspielräume für den einzelnen Supervisanden zu erhalten. Es geht um Möglichkeiten, nicht Festlegungen.
6.) Handlungsentwürfe
Nachdem die Phase der „Murmelgruppen“ vom Supervisor sanft beendet wurde („Sie sollten allmählich zum Schluss kommen…“), erfolgt eher beiläufig eine wertschätzende Rückmeldung, z.B. : „Ich möchte übrigens auch einmal erwähnen, dass ich hier Einiges an Einsatzfreude, Engagement und Ideenreichtum zu sehen bekomme. Sehr schön!“
„Was könnte das Team denn vielleicht einmal ausprobieren in der nächsten Zeit? Alles, was Ihnen einfällt, ist willkommen!“
Die von den Teammitgliedern geäußerten Vorschläge werden am Flipchart oder mit Moderations-Kärtchen in Stichworten gesammelt, jeder einzelne wird ausdrücklich bejaht („Genau! Das wäre eine Möglichkeit“…“Sehr schön“…“„auch das“… usw.), aber nicht weitergehend kommentiert oder vertieft. Es genügt im Prinzip, dass sich ein „Möglichkeitsraum“ von mehreren Optionen eröffnet, um das Tool abzuschließen.
Je nach Zeitbudget und Größe des Teams kann aber natürlich auch eine dedizierte Auswahl der Handlungsentwürfe erfolgen, etwa indem die gesammelten Vorschläge vom Team gepunktet werden.
Voraussetzungen/Kenntnisse:
Das Vorgehen ist einfach, aber nicht ganz leicht: manche Bearbeitungs-Schritte sollten in passender Weise zeitlich begrenzt (z.B. Problembeschreibung) oder in den Formulierungen sorgfältig (z.B. Wunderfrage) gestaltet werden, um das volle Potenzial des Tools zu entfalten. Eine solide lösungsorientierte Grundhaltung und Prozessvertrauen sind hilfreich.
Kommentar/Erfahrungen:
Das Tool macht Spaß, indem es spielerische Elemente und Leichtigkeit auch in scheinbar „verfahrene“ Situationen bringt. Bei entsprechend authentischer Würdigung der Schwierigkeiten und Verständnis des Supervisors wird es von den Teams im Allgemeinen gut angenommen.
Quellen / Literaturangaben
systemisch.de – online systemisch bilden
Mehlmann, Ralf u. Röse, Oliver (2000): Das LOT-Prinzip. Lösungsorientierte Kommunikation im Coaching mit Teams und in Organisationen. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht
Technische Hinweise:
keine speziellen, bei großen Teams evtl. Flipchart; Moderations-Kärtchen
„Trip(p)el zum Thema”
Kurzbeschreibung:
Das Tool eignet sich für die lösungsorientierte Ermittlung sinnvoller Themen für die Supervision im Gruppen- oder Team-Setting, speziell wenn es den Supervisanden in der Einstiegsphase schwerfällt, Anliegen und Themen zu formulieren.
In strukturierter Form werden kurze Diskurse über Gelungenes/Gelingendes organisiert, dann zu Grunde liegende Beiträge, Fähigkeiten und Talente der Supervisanden und anderer relevanter Beteiligter benannt, schließlich Transfer- und Anwendungsmöglichkeiten dieser Ressourcen für anstehende Arbeits-Vorgänge erkundet. Anschlussfähige Themenkreise für die weitere supervisorische Bearbeitung ergeben sich häufig auf natürliche Weise während oder nach der Anwendung des Tools.
Anwendungsbereiche:
Kennen Sie das? Die Supervisionsgruppe oder das Team tut sich ausgesprochen schwer, ein Thema für die Sitzung zu bestimmen, der Auftakt wirkt „zäh“, niemand „hat was“, man hält sich zurück, während Sie sich intensiv bemühen, sinnvolle supervisorische Fragestellungen einzukreisen, kurz: Sie haben das Gefühl, den Supervisanden „die Würmer aus der Nase ziehen“ zu müssen…hier könnte „Trip(p)el zum Thema“ nützlich sein.
Das Tool eignet sich für Supervisionen in Gruppen oder Teams mit bis zu 7 Teilnehmern.
Zielsetzung/Effekte:
„Bricht das Eis“ in der Einstiegsphase, bringt ins Gespräch, organisiert Beteiligung und Feedback für Einzelne, fördert Motivation, Kooperation und Dialog, erleichtert eine ressourcen- und prozessorientierte Themenfindung ad hoc.
Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und Diskurs der Supervisand*innen werden über die Besprechung kleiner Erfolge vom Problemfokus (der leider für Viele bei der Supervision vermeintlich im Vordergrund steht…) auf wünschenswerte Prozesse, Möglichkeiten und Anliegen in der Zukunft gelenkt, die dann supervisorisch bearbeitet werden können.
Ausführliche Beschreibung:
Die klassische „Triple-Übung“ oder „dreifach anerkennende Antwort“ nach Ahola und Furman folgt der Trias
– Erkundung von Gelingendem/ Gelungenem
– Würdigung der Leistungen und Anforderungen
– Bitte um Erläuterung: wie wurde das geschafft?
Das vorliegende Tool überträgt dieses Schema in den supervisorischen Kontext und fügt zwei weitere Schritte hinzu:
– Den Ressourcenkorb füllen
– Transfer auf anstehende Arbeitsprozesse
Die Schritte im Einzelnen:
Nach einer kurzen Eingangsphase des Begrüßens und „Koppelns“ wird nach folgendem Ablauf-Schema vorgegangen:
1.) Eingangsfrage:
„Ich schlage vor, wir beginnen heute mal mit einer kurzen, etwas anderen Runde. Bitte erzählen Sie uns etwas über die Arbeit in der jüngeren Vergangenheit, wo etwas ein kleines bisschen gut lief, womit Sie ein wenig zufrieden waren oder was Sie ein wenig positiv überrascht hat.“
Je nach Höhe der anfänglichen „Hemmschwelle“ empfiehlt es sich, die nächst sitzende Person direkt ansprechen: „Würden Sie beginnen?“ Der anschließende Diskurs sollte durch konkretisierendes Nachfragen und deutliche non-verbale Bestätigung („cheer-leading“, vgl. Schritt 3) ausgebaut und befördert werden.
2.) Anerkennung der Leistung und Anforderung; aktive Würdigung durch den Supervisor:
„Sehr schön und vermutlich gar nicht so leicht! Vielen Dank für Ihren Beitrag. Es muss in der Supervision ja nicht immer um Schwierigkeiten gehen, im Gegenteil, auch und gerade von dem, was positiv läuft, können Alle profitieren“
3.) Anschlussfragen nach fremden und eigenen Anteilen am Gelungenen:
– „Was hat zu diesem positiven Verlauf beigetragen?“
Diese Frage fokussiert zunächst allgemein auf Ressourcen sowohl beim Supervisanden als auch bei relevanten Beteiligten (vgl. „bedeutsame Andere“ bei DeShazer), etwa Klienten, Teamkollegen, Vorgesetzte, oder bei anderen an den Arbeitsabläufen beteiligten Stellen („andere Andere“: die Rechtsabteilung hat den Vorgang geprüft; das Jugendamt hat bewilligt, etc.). Häufig zeigen sich bereits hier Anknüpfungspunkte zu weiterführenden Fragen, Themen, oder möglichen Anliegen, die nach Abschluss der Runde aufgegriffen werden können. Bei Teams bieten sich hier insbesondere Ressourcen in der Zusammenarbeit und deren Ausbau an. (siehe Schritt 5)
– „Was war Ihr Beitrag?“ oder „Wie haben Sie das denn geschafft?“
Die Beiträge der Supervisanden selbst werden nun gezielter in den Blick gerückt. Speziell in Teams und Gruppen aus psychosozialen Arbeitsfeldern fällt es manchmal schwer, eigene Anteile an Erfolgen zu benennen. Gern wird auf äußere Anlässe, glückliche Umstände oder Zufall verwiesen… Unterstützung durch den Supervisor ist gefragt, der eigene Leistungen bei der Bewältigung von Hürden, Anforderungen oder Schwierigkeiten im Diskurs der Supervisanden aufspüren und kennzeichnen sollte. Es bietet sich daher an, auch kleine Positiva mit Bezug zum Supervisanden in der Erzählung sowohl non-verbal als auch durch kurze Einwürfe hervorzuheben („cheer-leading“: im Stuhl nach vorne gehen; bestätigendes Nicken; „sehr schön“; „genau!“; usw.).
Ausgesprochen hilfreich ist hierbei eine Haltung auf Seiten des Supervisors, die die eigene „innere Latte“ eher niedrig legt. Z. B. kann man sich sagen: „Andere hätten bei ähnlichen Vorgängen u. U. einfach nichts getan, nicht die Idee gehabt, nach „Schema F“ gehandelt, usw…“
Diese innere Fokussierung hilft, um auch kleine Ressourcen-Ansätze wahrzunehmen und entsprechend zu markieren. Der zentrale Punkt dabei ist, die Leistung der Supervisand*innen „authentisch würdigen“ zu können.
Interessant und nützlich kann an dieser Stelle auch ein Vorgehen mit hypothetischen Fragen sein: „Mal angenommen, dieser positive Vorgang hätte etwas mit Ihnen zu tun…was könnte das denn sein?“ Die anderen anwesenden Supervisand*innen werden an dieser Stelle dann unterstützend einbezogen: „Was könnte denn dieser positive Verlauf (noch) mit Herrn/Frau X zu tun haben?“
Es lohnt sich, die heraus gearbeiteten Elemente nochmal kurz zusammenzufassen und für Schritte 5 und 6 im Gedächtnis zu behalten,
um sie dort ggf. wieder in den Diskurs „einspeisen“ zu können.
4.) Den Ressourcenkorb füllen
Hier geht es darum, die Beiträge zum positiven Vorgang, insbesondere die der Supervisanden, in nützliche Fähigkeiten, Fertigkeiten oder Talente zu übersetzen, die würdigend rückgemeldet werden:
„Ich sehe schon: hierzu braucht es einiges an Durchhaltevermögen und Mut! Offensichtlich verfügen Sie über Beides!…“ (alternativ: Kreativität, Feingefühl, Überblick, Zuversicht, Kommunikationstalent, Fleiß, Entscheidungsfreude, Spontaneität, usw.)
Dieses „Festzurren“ von Ressourcen kann sich auf Fähigkeiten des Supervisanden, des Teams oder der Organisation beziehen. Zentral ist, dass sie benannt und ins Gespräch gebracht werden, zunächst vom Supervisor. Im Fortgang der Runde kann sich der Supervisor dann allmählich mehr zurücknehmen und beginnen, eher die anderen Supervisanden dazu zu befragen: „Was muss man dafür können oder haben?“; „Welche Talente braucht es, um so etwas hin zu bekommen?“
Im Sinne eines lösungsorientierten „solution-talk“ ist hiervon eine stärkende, ermutigende und motivierende Wirkung zu erwarten, die Beteiligungshürden weiter senkt und den Weg für den nächsten, handlungsorientierten Schritt ebnet.
5.) Transfer auf anstehende Arbeitsprozesse:
„Bei welchen Arbeitsvorgängen, aktuell oder in der nächsten Zeit, könnten diese Fähigkeiten hilfreich sein?“ „Wozu?“ „Was noch wäre hilfreich?“
Spätestens hier – aber auch im gesamten Ablauf des Bearbeitungs-Schemas – zeigen sich potenzielle Supervisionsthemen oder Anliegen.
Der Supervisor sollte mögliche Anliegen, Themen oder anstehende Fragen während der Schilderungen erkennen, ggf. notieren, um sie eventuell später vorschlagen zu können, falls eigene Benennungen weiterhin schwerfallen sollten. Erfahrungsgemäß steigt aber die Bereitschaft zu Mitteilung und Austausch bei den Supervisanden im Verlauf des Tools ganz erheblich. Oft kann die im Anschluss an das Tool gestellte „klassische“ Frage nach sinnvollen Supervisionsthemen („Was möchten Sie heute bearbeiten?“, „Was soll in die Mitte?“, „Was sollten unsere Themen sein?“, usw.) leichter und erstaunlich zieldienlich beantwortet werden.
Das Zeitmanagement scheint mir beim Einsatz des „Trip(p)el zum Thema“ zentral:
Tatsächlich nähert man sich ja den anstehenden Bearbeitungswünschen (oder: der Bearbeitungsbereitschaft) buchstäblich in Trippel-Schritten. Es dürfte zielführender sein, die Schritte des Tools für jeden Teilnehmer zügig zu durchlaufen als bei jeder Einzel-Erzählung in die Tiefe zu gehen.
Die gesamte Bearbeitungszeit pro Supervisand*in sollte deutlich unter 10 Minuten bleiben – je nach dem, was Sie für die gegebene Gruppe oder Team für zumutbar oder „“bekömmlich“ halten. Weniger ist mehr, der Nutzen ergibt sich aus dem Gesamtkonzept.
Ein alternatives Vorgehen besteht daher evtl. auch darin, das Tool in mehreren Durchgängen abzuarbeiten:
– eine Runde mit Schritten 1 und 2
– eine Runde mit Schritten 3 und 4
– eine Runde mit Schritt 5
– dann die Frage nach gewünschten Themen für die heutige Sitzung anschließen bzw. gesammelte mögliche Themen vorschlagen.
Voraussetzungen/Kenntnisse:
Die Struktur des Tools ist einfach und kann systematisch „abgearbeitet“ werden. Hilfreich sind eine ressourcenorientierte Grundhaltung, guter Kontakt zu jedem einzelnen Teilnehmer (um Redezeiten sanft einzugrenzen) und die Nutzung non-verbaler Bestärkung und Bestätigung.
Kommentar/Erfahrungen:
Das Tool macht Spaß und gibt Orientierung in „zähen“ Anfangssituationen. Erfahrungsgemäß zeigen sich bereits im Verlauf des Prozesses thematische „Einstiege“ zu supervisorischen Themen. Anliegen werden klarer bewusst oder es entstehen sinnvolle Anschluss-Gespräche, z. B. über die anstehenden Arbeitsprozesse und diesbezügliche Optimierungswünsche und – möglichkeiten. In manchen Teams werden bislang eher unterschwellige Unzufriedenheiten und Wünsche an einander leichter verhandelbar. Zurückhaltenden SupervisandInnen fällt es durch den Einsatz von „Trip(p)el zum Thema“ häufig leichter, sich mit Fragen und Anliegen zu formulieren.
Quellen:
Das Vorgehen basiert auf der sog. „Triple-Übung“ von Tapani Ahola und Ben Furman, die sich ihrerseits auf Insoo Kim Berg berufen, beschrieben z.B. in:
Röhrig, Peter (Hrsg., 2008). Solution Tools – Die 60 besten, sofort einsetzbaren Workshop-Interventionen mit dem Solution Focus. Bonn: ManagerSeminare Verlags GmbH, S. 101 – 105